We are engaged in different research fields and focus on a range of long-term key research areas that consist of different projects.
Über 20 Jahre nach dem Übergang zu einer demokratischen Verfassung ist Südafrika nach wie vor mit den gesellschaftlichen Folgen der Apartheid konfrontiert. Wie die weit verbreiteten Proteste an südafrikanischen Universitäten zeigen, besteht trotz der formellen Abschaffung der Apartheidgesetzgebung immer noch grosser Reformbedarf. Im Fokus dieses Projekts stehen die Veränderungsprozesse in studentischen Wohnheimen südafrikanischer Universitäten. Dort kann auf kleinem Raum ein Prozess beobachtet werden, der weltweit in anderen Gesellschaften teils auf ähnliche, teils auf andere Weise von Bedeutung ist, nämlichwie historisch privilegierte Bevölkerungssegmente mit dem langsam voranschreitenden (effektiven oder wahrgenommenen) Verlust ihrer Vorrangstellung umgehen– undwie diese Erfahrungen ihre Haltung zu und Umgang mit (politisierter) Ethnizität beeinflussen.
Die Studierendenwohnheime sind zentraler Bestandteil der lokalen Universitätskultur und bestimmen (teilweise massgeblich) den Ruf der Universität mit. Von den Studierenden wird in diesen nach aussen deutlich abgegrenzten Gruppen eine intensive Teilnahme verlangt: Sie tauchen in eine Welt ein, die praktisch ihren gesamten Alltag bestimmt und in der sie – als Gruppe weitgehend selbstverwaltet – gewollt oder ungewollt das Zusammenleben und die politische Mitbestimmung in einer Gemeinschaft üben und praktizieren. In diesen «kleinen Öffentlichkeiten» wird die südafrikanische Gesellschaft mit ihrem vielfältigen Gefüge unterschiedlichster sozialer Positionen und Beziehungen repräsentiert, teils bestätigt und teils in Frage gestellt. Im Zentrum des Untersuchungsinteresses stehen die Prozesse, in denen Studierende unterschiedliche Formen der Zugehörigkeit und Teilhabe aushandeln. Mit einem besonderen Blick auf die weissen Studierenden wird untersucht, wie sie dabei mit Erfahrungen zunehmender Unsicherheit umgehen und welche alltäglichen Formen von Ethnizität ihre Wahrnehmung, ihr Selbstverständnis und ihre Handlungen prägen.
Die Untersuchung basiert auf einer qualitativen Forschungsstrategie, die Tiefeninterviews und teilnehmende Beobachtung umfasst: Mit den Tiefeninterviews werden die Erfahrungen, Wahrnehmungen und Selbstverständnisse der Studierenden rekonstruiert und untersucht. Auf Grundlage teilnehmender Beobachtung und ethnographischer Interviews wird eine dichte Beschreibung der Wohnheime erstellt, d.h. ihrer symbolischen, kulturellen und materiellen Infrastruktur, in deren Kontext Zugehörigkeit und Teilhabe ausgehandelt werden. Die Untersuchung konzentriert sich auf zwei historisch weisse Afrikaans-Universitäten.
Das Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt (SNF-Projektdatenbank).
Der Cannabiskonsum hat sich auch in der Schweiz fest etabliert und ist unter Menschen aller Altersstufen und Milieus seit vielen Jahre weit verbreitet. Während sich die bisherige Forschung vor allem mit der Frage beschäftigt hat, wie der problematische Cannabiskonsum reduziert werden kann, ist der unauffällige und integrierte Konsum noch weitgehend unerforscht. Gesicherte Erkenntnisse darüber zu erlangen ist jedoch gegenwärtig besonders bedeutsam, da auch in der Schweiz Schritte zur Neuregulierung gemacht und in naher Zukunft erste Pilotversuche zur Abgabe von Cannabis zum nicht-medizinischen Gebrauch gestartet werden. Dazu will dieses Forschungsprojekt einen Beitrag leisten.
Im Fokus des vorliegenden Forschungsvorhabens steht die empirische Beschreibung und Analyse des gut funktionierenden und gut in den Alltag integrierten Cannabiskonsums. Damit schliesst das Projekt an ein international emergentes Forschungsfeld an, das im Zuge der vom nordamerikanischen Kontext ausgehenden Entstigmatisierung und Liberalisierung von Cannabis in nicht-problematisierender Weise die unterschiedlichen Facetten des gut in das Alltagsleben integrierten und kompetenten Cannabiskonsums untersucht. Diese Neuausrichtung des empirischen Fokus geht mit einer epistemologischen und theoretischen Rekonzeptualisierung von Cannabis im Schnittpunkt von Biologie und Gesellschaft einher. Empirische sozialwissenschaftliche Forschung, die den Cannabiskonsum ohne A-priori-Problematisierung resp. ohne eine implizit problemorientierte Perspektive untersucht, ist im schweizerischen Kontext indes praktisch inexistent, obschon auch in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten im Spannungsfeld zwischen breiter sozialer Akzeptanz und rechtlich illegalem Status ein differenziertes kulturelles Repertoire der gelingenden Konsumpraxis entstanden ist. In politischen Schriften und der Populärkultur thematisiert, handelt es sich beim gut in den Alltag integrierten Konsum um eine nur ansatzweise erforschte Alltagsrealität.
Das Ziel des Projekts besteht daher erstens in der systematischen Beschreibung und Typisierung der unterschiedlichen Konsumformen von Cannabis und den damit zusammenhängenden Konsummotivationen. Methodisch ist das Projekt als qualitative Feldforschung konzipiert, die mit Interviews und selektiv durchgeführten ethnographischen Beobachtungen im Raum St. Gallen vor allem drei Settings untersucht: das Setting der Konsumpraxis, das Setting der Thematisierung sowie das Setting des Cannabis-Erwerbs. Zweitens werden systematisch die unterschiedlichen Arten und Weisen rekonstruiert, wie der Cannabiskonsum kompetent in die Lebenswelt integriert wird und mit welchen sozioökonomischen und demographischen Merkmalen sowie welchen (sub)kulturellen Wissensbeständen dies zusammenhängt. Drittens soll auf Basis der empirischen Daten eine konzeptuelle Erweiterung der in der Drogenforschung üblichen Unterscheidung von Substanz, Set und Setting vorgenommen werden. Der Fokus liegt dabei auf Kulturwissen und dem «stake in conventional life».
Das Projekt wird gefördert vom Grundlagenforschungsfonds (GFF) der Universität St.Gallen.